Tief einatmen

von Lifestyle

Bin zurück in Berlin. Muss die Schockstarre überwinden.

Vor der Abreise: blauer Himmel, Sonnenschein, leichter Wind, dünne Höhenluft, relaxte Künstlertypen. Nach der Ankunft: dunkelgraue Wolkendecke, leichter Nieselregen, mäßiger Ostwind, muffige, bisweilen genervte Gesichter. Ich bin wieder in Berlin – und geschockt.
Für länger als ein Wochenende in weitere Ferne zu reisen, heißt für mich immer zweimal einen mehr oder minder ausgeprägten Kulturschock zu erleben. Ich verlasse meine vertraute Umgebung und damit auch die Art, wie die Menschen miteinander umgehen. Bei der Ankunft sowohl im fremden Land wie später zuhause (das Wort „Heimatland“ mag ich nicht). Beide Male stehe ich vor dem Problem der Akklimatisierung. Wobei diese Phase bei mir gefühlt lange anhält. Andere Reisende steigen aus dem Flieger, hören, wie der Berliner Busfahrer ins Mikrofon blafft „Nicht die Ausgänge versperren“, atmen durch und fühlen sich vertraut mit ihrer Stadt. Ich dagegen benötige ein paar Tage, bis ich wieder ganz hier bin. Während ich im Ausland versuche, so schnell als möglich in den Rhythmus und die Gewohnheiten der Menschen einzutauchen, klappt das nach der Rückreise nur schleppend. Dabei ist mir der Alltag zuhause bekannt, wohingegen ich mich anderswo erst darin einrichten muss. Es ist zwecklos, die Lage durch die küchenpsychologische Brille zu betrachten. Fakt ist: Ich steige aus dem Flieger, sehe die genervten Gesichter, weil sich das Kofferband nicht sofort in Bewegung setzt, ermahne mich, durchzuatmen, und hoffe, bald in meiner Stadt anzukommen.

Last modified: 17. November 2019

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