Oh du Einsame

von Schreiben

Insel zum Schreiben gesucht. Jede Art von Ablenkung unerwünscht.

Auf einer einsamen Insel leben, wenigstes eine Zeit lang, darüber denken in diesen Monaten womöglich viele Menschen nach. Ich jedenfalls wünsche es mir sehr. Natürlich weiß ich, es ist nur ein Wunsch, der einerseits derzeit sowieso unerfüllbar ist. Auf der anderen Seite müsste ich vorab erst einmal mit mir selbst klären, ob ich für diese Daseinsform überhaupt geeignet bin, auch wenn sie nur eine begrenzte Zeit dauern würde. Da die Realisation in der aktuellen Situation zumindest für mich als nicht zur Kaste der Milliardäre zählend also kaum infrage kommt, ich zudem meine Eignung zur Inseleremitin realistischerweise eher skeptisch beurteile, bleibt mir, was einer Schreibenden immer bleibt: die Fantasie.
In meiner Fantasie ziehe ich mich auf eine einsam gelegene, unbewohnte Insel zurück. Und bequem, wie ich nun mal bin, zaubere ich mich zu meinem Ziel. Das geht schneller und ich brauche keine Reise mit all den lästigen Begleiterscheinungen planen. Das Wetter ist optimal auf dieser Insel: Sonnig, jedoch nicht heiß, eine leichte Brise weht den ganzen Tag, was das Schreiben im Freien äußerst angenehm gestaltet. Zu erwähnen wäre noch, dass selbstverständlich ausschließlich ungefährliche Tiere in diesem Kopfkinoparadies und an dem es umgebenden Strand leben. Ob ich dort im weichen Sand laufen kann oder über Steine klettern muss, ist gleichgültig. Ich bin wenig anspruchsvoll. (Okay, an dieser Stelle ist es erlaubt, den Kopf zu schütteln und die Stirn zu runzeln.)
Da ich mich zum Schreiben zurückgezogen habe, werde ich mich um absolut nichts anderes kümmern. Es ist ohnehin für alles gesorgt. Der anspruchslose Charakter, der ich wie gesagt bin, erwartet lediglich ein paar unverzichtbare Rahmenbedingungen, um sich ganz und gar dem Schreiben widmen zu können.

Der Kühlschrank und die Vorratskammer sind prall gefüllt. (Keine Nörgelei bitte bezüglich des Kühlschranks. Meine Fantasie reicht aus, um ein Stromaggregat oder eine Megabatterie zur Verfügung zu stellen. Auch an die Internet- und Funkverbindung für Notfälle ist gedacht.)
Ich schlafe in einer Hütte mit Blick in den Sternenhimmel. Auf der Superkomfortmatratze schlummere ich wie ein Baby, weshalb ich morgens ungewohnt früh und ausgeruht aufwache.
Nach den Yogaübungen gehe ich kurz zum Schwimmen. Danach setze ich mich an den Tisch auf der Terrasse, lehne mich im Stuhl zurück, um über mein Tagespensum nachzudenken. Sobald ich meine Gedanken und Ideen notiert habe, begebe ich mich in die Hütte, um zu frühstücken.
Wer sich nun fragt, welch helfende Hände das Frühstück herrichten und servieren, ist ein Spielverderber. Fantasie! Es erwarten mich ebenso leckere wie gesunde und abwechslungsreiche Mahlzeiten. Frisch gepresste Obst- und Gemüsesäfte, Smoothies, Müslis und Cocktails stehen jedenfalls stets bereit. Der gegrillte Fisch und der Salat schmecken so gut, dass ich kaum genug davon bekommen kann.
Saubere Wäsche und Kleidung? Putzen und sonstige Hausarbeit? Wo liegt das Problem? Wird sämtlich erledigt, obwohl außer mir kein Mensch auf der Insel ist.
Da ich per Hokuspokus reise, steht mir am Abend jede Menge Lektüre zur Verfügung. Meine Lieblingsbücher und etliche Neuerscheinungen finde ich sauber aufgereiht im Regal im Wohnzimmer meiner Zweiraum-Hütte mit Küche und Bad.
Eine Sorge bleibt dennoch. Meine Vorstellungskraft mag ausreichen, mir ein Leben auf der Insel auszumalen, das keine Wünsche offenlässt. Werde ich allerdings am Ende das mit der Reise verbundene Ziel erreichen und mit einer oder mehreren interessanten Geschichten auf dem Papier zurückkehren?

https://www.geo.de/reisen/reise-inspiration/13574-bstr-10-dinge-die-man-auf-einer-einsamen-insel-wirklich-braucht/157705-img-eine-insel-nur-fuer-uns

Last modified: 24. August 2020

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