Eigentlich beginnt jetzt die Zeit für neue Ideen. Die Aufbruchstimmung, die ich zu dieser Jahreszeit üblicherweise spüre, will sich jedoch partout nicht einstellen.
Seit ein paar Tagen warte ich auf das Back-to-School Feeling, das mich überfällt, sobald die Hundstage vorbei sind und der Herbst sich ankündigt. Auf diese Wochen freue ich mich immer in einer Art gespannter Erwartung. Ich denke über Projekte nach, die ich anstoßen könnte, dekoriere die Wohnung um und bin voller Vorfreude auf die kommenden Monate. Es ist, als würde ein neues Schuljahr beginnen. Nach den trägen Sommerwochen fühle ich eine Energie, die mir die Hitze offenbar geraubt hatte. Und selbst wenn mir bewusst ist, dass die Ursache für diese Aufbruchstimmung lediglich auf die jahreszeitliche Umstellung des menschlichen Organismus zurückzuführen ist, bin ich glücklich über den Flow.
In diesem Jahr jedoch, wenn wundert’s, ist alles anders. Kein Flow, keine Lust auf neue Projekte und leider wenig Freude an den bereits begonnenen Arbeiten. „Lass’ diese weinerlichen Töne sein“, ermahne ich mich. „Anderen Menschen geht es deutlich schlechter als dir.“ Allein, der Tadel wirkt nur kurze Zeit. Dann falle ich in eine grüblerische Stimmung zurück, die mir ganz und gar nicht bekommt. Die ganze Welt leidet unter der Pandemie, ich habe keinen exklusiven Anspruch auf trübe Stimmung. Wie gesagt, andere Menschen stehen vor tatsächlichen Problemen, gesundheitlichen wie wirtschaftlichen.
Letzte Nacht lag ich viele Stunden wach. Zuerst leierte ich im Kopf die übliche Mitleidsarie herunter. Doch irgendwann gegen morgen hatte offenbar selbst mein Depri-Über-Ich genug. „Reiß’ dich gefälligst zusammen“, raunte das schon auf seinen täglichen Einsatz wartende Morgenmonster vom Kopfende des Bettes her, auf dem es morgens zu sitzen pflegt. „Es ist wie in jedem Jahr wieder September oder täusche ich mich? Hast du verlernt zu schreiben, nur weil ein Virus über den Globus wandert? Gingen dir deshalb deine kreativen Ideen verloren? Was um Himmels willen hält dich privilegierte Tante dann ab, deinen Grips zu sammeln, wie jedes Jahr eine Liste aufzustellen und loszulegen?“
Ausgesprochen ungern gebe ich dem Deprimonster recht. Doch dieses Mal sticht seine Argumentation. Kann sein, meine im Zeitalter C. erdachten Projekte enden im Nichts. Kann sein, meine Ideen tragen nicht. Kann sein, die Themen unterscheiden sich von den bisherigen, sind weniger leicht oder positiv. Kann aber auch sein, alles ist wie immer und ich produziere ein paar gute und originelle Geschichten, Pandemie hin oder her.
Last modified: 9. September 2020