Eine Erkenntnis, die alles andere als neu ist: Der Tag ist länger, je früher man das Bett verlässt.
So banal, so schwierig für eine wie mich, die sich gerne noch mal auf die andere Seite dreht, sobald der Wecker ausgeschaltet ist. Gestern jedoch stand ich mehr als zwei Stunden vor der gewohnten Zeit auf. Ein Termin, der nur am frühen Vormittag möglich war, zwang mich dazu, kurz nach Sonnenaufgang aufzustehen. Berlin ist eine Stadt mit langen Wegen, für die man morgens reichlich Zeit einplanen muss, zumal wenn man mit dem Auto unterwegs ist. Nein, an dieser Stelle bitte keine Belehrung bezüglich der Vorteile öffentlicher Verkehrsmittel!
Kurz nach Mittag war ich wieder zu Hause und wunderte mich prompt über die vielen Stunden, die von diesem Tag noch übrig blieben. Selbst nachdem einige Arbeiten im Haushalt erledigt waren, es war inzwischen später Nachmittag, fühlte ich mich erstaunlich wenig müde. Einen doppelten Espresso später klappte ich das Notebook auf: Ich hatte Zeit zum Schreiben. Kritische Stimmen werden jetzt erklären, man habe immer Zeit zum Schreiben, so man sie sich nehme, vor allem aber das Schreiben als solches ernst nehme. Das stimmt natürlich. Allerdings funkt mir ständig der Alltag dazwischen, nicht nur an Tagen mit Terminen am anderen Ende der Stadt.
Ich werde kein Lamento anstimmen oder reumütig bedauern, stets in alte Muster zurückzufallen. Anstatt frühmorgens putzmunter aus dem Bett zu springen, behaupte ich stoisch, die Sommerzeit mache meinem Organismus zu schaffen. Die Ausrede klingt selbst in meinen Ohren lahm. Eine Stunde, so rede ich mir jedenfalls gerne ein, die mir einfach fehlt, die mein Körper nicht zu kompensieren in der Lage ist. Das ist Unsinn, ich weiß es. Die Wahrheit dürfte wesentlich simpler sein. Es fehlt mir an der nötigen Disziplin. Bleibt die Frage, welche Konsequenz ich aus diesem weisen Bekenntnis ziehe?
Last modified: 10. September 2021
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