Sehenswürdigkeiten abzuklappern mag der Sinn des Reisens sein. Ich kann es nicht leiden.
Der Alltag eines fremden Ortes offenbart sich dem Reisenden nur, wenn er die Kamera im Hotel oder besser gleich zu Hause lässt und nicht jede Sekunde auf die Translation App des Smartphones starrt, um jedes Schild zu entziffern und jedes noch so unwichtige gesprochene Wort in seine Sprache zu übersetzen. Okay, es gibt Ausnahmen wie etwa chinesische oder kyrillische Schriftzeichen, für die der Übersetzer des Telefons bisweilen hilfreich ist. Wer will schon das Flugzeug verpassen oder den Zollbeamten missverstehen. Nicht bei jeder Konversation gelangt man mittels Mimik und Gesten zum gewünschten Ziel.
Ansonsten gilt, zumindest für mich: Ich lasse mich auf den Alltag ein, versuche das Leben an einem fremden Ort zu sehen, hören, riechen und schmecken. Die Interaktion zwischen den Einheimischen interessiert mich und auch wie sie mir als fremdem Menschen begegnen. Nach der Reise bin ich zwar meist nicht in der Lage, Bilder zu präsentieren, die mich vor noch so marginalen Sehenswürdigkeiten zeigen. Weder fotografiere ich das Essen auf dem Teller, noch den netten Concierge des Hotels. Wer will denn sehen, wie ich in einem Café sitze, in das sich sonst kein Tourist verirrt? Oder wie ich in der Mall am Ortsrand Obst einkaufe, anstatt die Souvenirläden Downtown zu durchkämmen? Und auf einem Foto festzuhalten, wie ich mich in den Bergen besonders vorsichtig bewege, um kein Reptil aufzuschrecken, halte ich schlicht für albern. All diese Bilder nehme ich in mir auf und bewahre sie dort. Gut möglich, meine Art des sich Anpassens in eine fremde Umgebung ist verantwortlich dafür, dass ich mir oft deutlich schwerertue, wieder in meine eigene Kultur zurückzutauchen als mich in an eine ungewohnte, neue, fremde zu gewöhnen.
Last modified: 14. November 2019