In Deutschland schaut man lieber in das Dunkel des Tunnels, statt das Licht am Ende zu genießen.
Aus dem Tunnel des harten Lockdowns sind wir seit Kurzem raus. Doch was tun wir Deutsche? Wir schauen nicht nach vorn, ins Licht, in die Sonne und die Landschaft um uns herum, sondern wir richten den Blick in die Trostlosigkeit der Röhre, der wir eben entkommen sind. Nicht die Zukunft, in der wir geimpft sein werden, die Zeit, in der wir die sogenannte Herdenimmunität erreicht haben, ist unser erklärtes Nahziel. Unser Fokus ist der Herbst, der die dunkle Jahreszeit ankündigt, wenn die indische Virus-Variante, die jetzt Delta-Variante heißt, unser Leben im Griff haben wird. Delta bedeutet die vierte Welle und womöglich den nächsten Lockdown, so die zunehmend eindringlich vorgetragenen Warnungen aus Politik und Wissenschaft.
Um nicht missverstanden zu werden: Die Lage wachsam zu beobachten ist unerlässlich. Aber weshalb scheint es unmöglich, den Warnungen positive Perspektiven gegenüberzustellen? Was treibt uns Deutsche an? Unser Glas ist nicht einmal halb leer, wir sehen allenfalls den mageren Bodensatz. Weshalb ist unsere Zukunftsvision die einer kommenden Pandemie, wovon auch immer sie ausgelöst werden könnte? Momentan sind wir schließlich noch voll beschäftigt mit der Bekämpfung des Coronavirus. Zukunft in deutschen Köpfen heißt, die aktuelle Pandemie gewährt uns allenfalls einen etwas unbeschwerten Sommer vor dem nächsten düsteren Herbst und einem finsteren Winter. Wir sind Hardcore-Pessimisten, die es den Politikern leicht machen, uns wie bockige Kinder zu behandeln, zu bevormunden und mittels Schwarzmalerei still zu halten. Die Amerikaner bezeichnen wir gern als oberflächlich, doch sie schauen immer nach vorne in eine Zukunft, in der sie neue Chancen erkennen. Weniger deutsch und mehr oberflächlich: Was spricht eigentlich dagegen?
https://www.tagesschau.de/inland/corona-delta-variante-deutschland-101.html
Last modified: 19. Juni 2021