Wir leben im Zeitalter unbegrenzter Kommunikation. Eigentlich. Aber wissen das auch die Bosse von O2?
Unser neues Zuhause und damit auch mein Büro liegt in direkter Nachbarschaft zur Technischen Universität. Was bedeutet, hier tummeln sich vor allem junge Menschen, Mobiltelefone gehören zum überlebenswichtigen Standard. Als Kunde von O2 entpuppt sich der Umzug aus der Provinz ins Zentrum der deutschen Hauptstadt für mich aber offenbar als denkbar schlechter Schritt. Seit rund zwei Wochen schreie ich ins Mobile in der Hoffnung, man könne mich am anderen Ende der Leitung verstehen. Was ich dagegen höre, sind mehr oder minder starkes Rauschen und verzerrte Wortfetzen. Ich kann nur raten, was mir der Anrufer mitteilen möchte. Internet und Messanger funktionieren natürlich auch nicht. Von LTE oder 4G kann ich nur noch träumen, zwei Empfangsbalken sind schon purer Luxus, und auch mit denen schaffe ich es nicht ins Internet.
Es bleibt mir also keine andere Wahl, als bei der Hotline anzurufen. Ich wähle zwischen den angebotenen Menüpunkten, nenne brav meine Daten, bin schließlich mit einer realen Person verbunden. Wenn es mein Glückstag ist, werde ich weder pampig behandelt und der Hotlinemitarbeiter versteht sogar, worum es geht. Vorab sei erwähnt, dass ich bei den mehr als ein halbes Dutzend zählenden Anrufen in den vergangenen beiden Wochen vom Glück verfolgt war. Jedes Mal hatte ich einen / eine nette Mitarbeiterin an der Strippe, die sich mein Problem anhörte, das nötige Verständnis zeigte und umgehend eine Störungsmeldung aufnahm. Wenige Minuten, nachdem das Gespräch beendet war, kam auch schon eine SMS mit der Vorgangsnummer und der Ankündigung, man halte mich auf dem Laufenden und werde sich prompt melden, sobald die Störung behoben sei. Wie schaffen die es eigentlich, mir eine Nachricht zu senden, während ich keine rausschicken kann?
Zwei Wochen nach meiner ersten Fehlermeldung bin ich immer noch offline, sehe selten einen Balken auf dem Display, manchmal blitzt für kurze Zeit ein schwaches H oder H+ auf. Die Kommunikation von O2 ist bemerkenswert: Nach zwei Tagen teilten sie mir per SMS mit, der Fehler sei behoben. Allerdings nannten sie eine Straße in einem völlig anderen Kiez. Ich rief wieder an, fragte, was mich dieser Straßenzug angehe. Sorry, sorry, es tat ihnen leid. War wohl ein Fehler passiert. Mein Empfang blieb so schlecht wie zuvor. Die nächste SMS mit neuer Vorgangsnummer trudelte ein, man würde mich auf dem Laufenden halten. Einen Tag später kam die ersehnte Nachricht: Es sei gelungen, das Problem zu beheben. Doch mein Telefon sagte etwas anderes. Nach wie vor war kein Empfang möglich. Durchatmen, Adrenalin unter Kontrolle halten, noch mal anrufen. Wieder mit der Maschine sprechen, bis ein Mitarbeiter sich meiner annahm. Der immerhin brachte Licht in die Sache: Rund um meine Adresse gebe es zehn Sendemasten, die aber leider sämtlich defekt seien. Wann die Reparatur beendet und ich wieder online sein würde könne man jedoch nicht voraussagen. Eine Woche, drei Wochen oder länger als drei Monate könne es dauern. Er bot mir an, die Grundgebühr für meine beiden Geräte drei Monate zu erlassen. Außerdem, so der Rat, dürfe er mir die Möglichkeit der Sonderkündigung des Vertrages anbieten. Am Ende nannte der Mann ohne Nachfrage meinerseits erneut seinen Namen und wünschte mir einen schönen Tag. Ein guter Mann, der vielleicht besser in der Chefetage aufgehoben wäre, weil er versteht, worauf es Kunden ankommt.
Wie ich bezüglich des Vertrages entscheiden würde, wusste ich noch nicht, als am nächsten Morgen eine weitere SMS eintraf: Die technische Überprüfung habe ergeben, dass keinerlei Störungen in meinem Empfangsgebiet bestünden. Ich hoffe, die Aufzeichnung des darauf folgenden Telefonats mit der Callcentermitarbeiterin wird tatsächlich „zu Schulungszwecken“ verwendet. Dieses Unternehmen ist ein wirklich lustiger Verein. Humoristen in der Chefetage. Ja, es ist klar, dass die Herren in den grauen Anzügen milde lächelnd den Kopf schütteln über meine Naivität. Was weiß denn ich schon von der Leitung eines Großunternehmens?
Ihr drolligen Spaßvögel von O2, wir leben im Kommunikationszeitalter! Um im Wettbewerb mithalten zu können, solltet Ihr erst einmal in die reibungslose Kommunikation in Eurem Unternehmen investieren. Nervt uns Kunden nicht durch Eure Inkompetenz. Ich meine damit Eure offenkundige Unfähigkeit, Prozesse logisch und kundenfreundlich zu managen. Bemüht Euch gefälligst, Eure ohnehin gigantischen Topmanagergehälter auch wert zu sein. Wäre doch mal ein vernünftiger Anfang, oder?
Berlin ist kein Dorf in einem entlegenen Winkel der Welt. Wir leben in einer Millionenstadt, in der es ein Telekommunikationsriese nicht hinkriegt, seine Kunden korrekt zu informieren, wenn es Probleme gibt. Bitte spart Euch künftig Eure Scherze. Wenn es in einer Firma so offenkundige Defizite gibt, lautete schon die Analyse meiner Großmutter: Der Fisch fängt am Kopf an zu stinken.
Last modified: 22. Juni 2018