Ich schreibe ein Buch. Ich schreibe ein Buch?
Gestern während des Abendessens: Wir saßen in kleiner Runde in einem italienischen Restaurant, die Pastateller waren leer, das zweite Glas Rotwein eingeschenkt, als meine Freundin fragte, wie weit ich denn mit meinem Buch sei. Peng. Ein Schuss aus der Hüfte. Treffsicher zwischen die Augen platziert.
Erwartungsvoll schaute mich meine Freundin an. „Ähm“, begann ich wenig originell. „Heute Mittag habe ich wieder mal den Einstieg überarbeitet. Etliche Kapitel sind sowieso schon fertig. Ich bin dran.“ Was keineswegs gelogen ist, aber eben nur die halbe Wahrheit. Ich bin wirklich dran an meinem Buchprojekt. Doch ich könnte wesentlich weiter sein, wenn ich mehr Disziplin aufbringen und nicht immer kleine Texte und Kurzgeschichten dazwischenschieben würde. Wenn ich ins Stocken gerate, den Schreibfluss verliere, wandern meine Gedanken ab, um sich alternative Ideen zu suchen. Anstatt auszuharren und im Thema zu bleiben folge ich der Gedankenautobahn, lasse mich schließlich völlig von ‚No.57’ (Arbeitstitel des Buches) weglocken.
Dabei tobt längst das Leben in No.57. Zahlreiche Anwärter des letzten Castings besetzen eine Rolle. Cassandra und Wendy samt ihrer Söhne Gregor und Jonathan sind ebenso dabei wie Georgina. Claus Mausig erhielt einen wichtigen Part, Helge ist in die Geschichte verwebt und natürlich ist die putzende Dichterin Rosetta-Amalie mit von der Partie. Ach ja, Silke ergatterte dann doch noch eine Nebenrolle. Eine Zicke pro Geschichte genügt allerdings, die selbst die Wirtshausbesitzer Lo und Bille aus der Ruhe bringt. Die Dauerläuferin Frau Huong wohnt in No.57, in dem sich Constanze, Sandra und Holly zu einer WG zusammengetan haben. Und fast hätte ich Kenny/Coralie vergessen, die mit den anderen Frauen (und einem Mann) in dem Stadthaus aus der Gründerzeit lebt.
Diese Einzelheiten erzählte ich meiner Freundin gestern Abend zwar nicht. Allerdings kreisen meine Gedanken seitdem wieder in voller Stärke und Geschwindigkeit um mein Buch. Mit ihrer unerwarteten Frage brachte sie mich in Zugzwang. Ich werde an meiner Disziplin arbeiten, eine Deadline festlegen, zu welchem Zeitpunkt das Manuskript fertiggestellt sein muss. Feste Abgabetermine halfen mir in meiner jahrzehntelangen Arbeit als Journalistin. Wieso also nicht auch bei meinem Buchprojekt?
Am Ende des Abends bat ich meine Freundin, sich ab jetzt häufiger nach dem Status quo von ‚No.57’ zu erkundigen.
Last modified: 7. September 2018