Mit Peter Mayle auf dem Hausboot

von Lifestyle

Mein blauer Lippenstift Blog startet in meinen Sehnsuchtswochen, wenn der Sommer seinen Höhepunkt erreicht. Im Südwesten Deutschlands, wo ich die meiste Zeit verbringe, ist es dann schwülwarm, die Luftfeuchtigkeit ist extrem hoch, sie treibt mir den Schweiß auf die Stirn, sobald ich am Morgen die Augen öffne.
„Hundstage“ nennt man diese Zeit im Juli und August, Hochsommer. Astronomisch wird die 30 Tage dauernde Phase „Tage vor dem Hund“ genannt, die Zeitspanne bis das Sternbild Großer Hund vollständig zu sehen ist.

Doch ich schweife ab. Die Hundstage sind meine Lieblingszeit, trotz schwitzen und dem ständigen Bedürfnis, unter der Dusche zu stehen. Eigentlich will ich doch von meinen Tagträumen erzählen, denen ich seit Jahren während des Sommers nachhänge.

Soll man seine Tagträume…

Als Autorin, die das große Glück hat zuhause schreiben zu können, sitze ich auf der Terrasse unter der gelb-weiß gestreiften Markise und ertappe mich dabei, wie meine Gedanken auf Reisen gehen. Und weil das bedeutet, dass ich mich zum Arbeiten in die Wohnung verziehen müsste, die Sonnentage aber bald wieder vorüber sein werden, klappe ich den Laptop zu und hole stattdessen ein Buch aus dem Regal: Von Peter Mayle, seit Jahren mein absoluter und immer wieder gelesener Lieblingsautor während der Hitzewochen.
Peter Mayles Romane zu lesen ist für mich wie einen leichten, fruchtigen, gekühlten Sommerwein zu trinken. Wenn er von der Hitze der Provence erzählt, von Tagen, die er in seinem Garten am Pool vertrödelt, wenn er opulente Mahlzeiten in abgelegenen Berggasthöfen beschreibt oder von Picknicks mit Freunden unter schattigen Bäumen schwärmt, und wenn er dabei selbst die kleinen Ärgernisse des Alltags mit einem Augenzwinkern sieht, wird mein Fernweh augenblicklich riesengroß.

Während dieser Wochen, die ich meine jährliche Peter-Mayle-Phase nenne, ist da noch ein anderer Traum, den ich ebenfalls jedes Jahr wieder tagträume. Darin verbringe ich meine Tage während der Sommerhitze auf einem Hausboot. Und nein, so einfach ist es nicht. Es handelt sich keineswegs um den Canal du Midi, den ich in Richtung Mittelmeer auf meiner Wasserwohnung hinunterschippere. Mein Boot liegt vielmehr auf dem Wannsee oder der Spree – und damit sehr weit weg von der Provence. Da bedeutet, Peter Mayle und mein imaginäres Hausboot finden nur in meiner Gedankenwelt zusammen.

…in die Tat umsetzen oder nicht?

Um es kurz zu machen: In die Tat habe ich weder das eine noch das andere je umgesetzt. Die Reise in die Provence fand genauso unter meiner gelb-weißen Markise sitzend statt wie die Fahrt auf dem Hausboot. Ich schaue nicht auf das Wasser oder in die Hügel des Vaucluse, sondern in die Büsche meines Gartens. „Was ein Fehler ist“, wird so mancher denken, ich weiß, ich weiß.

Oft und lange habe ich darüber nachgedacht, weshalb ich nicht die Koffer packe und meine Träume Realität werden lasse. Schließlich reise ich doch gerne und zeitweise auch sehr ausgiebig. Inzwischen ist mir der Grund für meine Untätigkeit klar: Meine Träume sind so viel schöner als es die Wirklichkeit je sein könnte! Ich würde mit meinen geschönten Vorstellungen nur eine Enttäuschung erleben, fürchte ich. Das hält mich davon ab, sie in die Tat umzusetzen. Ich miete kein Boot und tanke das Auto nicht voll um nach Südfrankreich zu düsen. Stattdessen bleibe ich im Garten sitzen, lese und bin insgeheim sogar ganz froh, keinen Koffer packen zu müssen und dem Stress auf den mit Urlaubern verstopften Autobahnen zu entkommen.

Grundsätzlich frage ich mich allerdings, ob man alle Träume verwirklichen soll? Jeden Traum in die Tat umsetzen um glücklicher zu sein oder zumindest nichts versäumt zu haben? Und nimmt die Dringlichkeit aktiv zu werden zu, nur weil ich an den Hundstagen in jedem Jahr aus Neue in denselben Gedankenspielen versinke?
Ich weiß es nicht. Aber ich denke jeden Sommer wieder darüber nach, sobald es schwülwarm wird und meine Fantasie zum Aufbruch ruft. Dann sitze ich auf Deck eines Bootes, ein Glas gekühlten Côtes de Provence neben mir und lese Peters Provence-Geschichten. Encore et toujours.

Meine aktuelle Schreibstimmung: Sommerfeeling, leicht, ein Schmunzeln auf den Lippen
Der Lippenstift: Himbeerrot                        HKW_Website_ Icon Artikelende

 

 

Last modified: 21. September 2016

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