Können Träume das kreative Schreiben inspirieren?
Die Beschäftigung mit den eigenen Träumen ist kein Hokuspokus, wie immer mehr anerkannte Wissenschaftler auf der ganzen Welt bestätigen. Meinen Träumen habe ich bislang wenig Beachtung geschenkt. Sie sind am Morgen entweder völlig vergessen oder zu bruchstückhaft in Erinnerung, um sie aufzuschreiben. Was möglicherweise ein Fehler ist. Man benötigt nicht den fertigen Film, um eine Geschichte aus dem Erlebten zu erzählen. Einzelne Szenen reichen aus, die Fantasie in Gang zu setzen. Frank Schätzings 2004 veröffentlichter Bestseller Der Schwarm (Fischer Verlag) entstand nach Auskunft des Schriftstellers, nachdem er einen Albtraum durchlitt, der ihm keine Ruhe ließ, bis er ihn (auf 1000 Seiten!) verarbeitet hatte. Auch Stephen King bekannte sich in einem seiner raren Interviews zu seinen Träumen als kreativem Motor: „… wenn ich dann abends ins Bett gehe, habe ich immer diese wahnsinnigen Träume, die nicht unbedingt die angenehmsten sind. Denn die Maschinerie, die dich zum Schreiben bewegt, schaltet nicht etwa plötzlich ab. Wenn sie sich nicht auf einer leeren Seite entladen kann, muss sie woandershin – und dann habe ich eben diese Träume“.
Mag sein, Träume eignen sich vor allem als Vorlage für Horror-Romane, Science-Fiction-Thriller oder Märchen. Vielleicht lässt sich aber meine drohende Schreibblockade verhindern, wenn ich die in Erinnerung bleibenden Fragmente notiere und einfach schaue, was daraus entsteht. Um im kreativen Fluss zu bleiben, helfen mir meist einfache Schreibübungen, an die ich mich allerdings erst seit einiger Zeit herantraue. Zu tief sitzt noch immer die jahrzehntelang praktizierte journalistische Arbeitsweise, in der es um Fakten und nicht um Fantasie ging. Träume aufzuschreiben, sie einzuordnen und auf dem Papier weiterzuspinnen, dürfte also eine ebenso neue wie spannende Erfahrung werden. Es wäre schade, das Potenzial unbeachtet zu lassen, das meine nächtlichen Erlebnisse eventuell bergen. Kann sein, der Funke zündet nicht für ein neues Projekt, birgt jedoch Aspekte für eine bereits begonnene, in der Schublade auf Wiedervorlage wartende Erzählung. Bin eben im Schlafzimmer gewesen. Habe Block und Stift auf dem Nachttisch bereitgelegt. Ob heute Nacht Bedeutsames geschehen wird?
Last modified: 20. Mai 2019